Im Tal der Goldenen Bistritz

Die erste Siedlung: Eisenthal am Eisenbach

Glasbläser aus Böhmen / Sprichwörtlicher Fleiss der Schwaben

Neuer Weg (Bukarest), Jg. 33, Nr. 9934, 30 April 1981, S. 6
von Dr. Claus Stephani

Veröffentlicht 3 April 2004


Von den drei deutschsprachigen Bevölkerungsgruppen des Buchenlandes – im heutigen Kreis Suceava – sind die Zipser Sachsen zahlenmässig am bedeutendsten. Ihre Vorfahren – bekannt als tüchtige Bergleute, Handwerker und Holzfäller – kamen ab 1780/81 ins Land, als in der Gegend bei Jakobeny, reiche Manganerz-, Kupfererz-, und Eisenerzlager entdeckt wurden. Nach der Errichtung des ersten Hochofens durch österreichische Facharbeiter entstand hier, 1784, die Siedlung Eisenthal am Eisenbach (Fundu Fieru); und mit Hilfe der Zipser wurde das Manzsche Eisenwerk – die erste Anglage dieser Art im Buchenland – in Betrieb gesetzt.

Damit begann die kapitalistische Industrialisierung eines Gebiets, in dem es bis dahin hauptsächlich Schafzüchter und kleine Landwirte gegeben hatte. Man kann also sagen, dass die Ansiedlung der Zipser Sachsen am Osthang der rumänischen Waldkarpaten – zwischen 1780 und 1809—weitgehend das wirtschaftliche Antlitz dieser Landschaft geprägt hat. Im Tal der Goldenen Bistritz, im Tal der Moldau und des Moldawitzbaches gründeten sie eine Reihe von Ortschaften — Mariensee (Cîrlibaba Veche), Ludwigsdorf (Cîrlibaba Nouă), Luisental (Fundu Moldovei), Eisenau (Prisaca Dornei), Freudenthal (Valea Stînei) u.a. – die sich auch heute noch durch den Baustiel der Häuser und die Anlage der Gehöfte von anderen Siedlungen unterschieden.

Im Jahr 1783 wurde durch die k. k.Montanische Schürfkommission und das Salzversuchamt in Solka je eine Salzsiederei in der Vorgebirgsgegend von Solka und auf dem Pleschberg bei Jakobeny eröffnet; die Anlage auf dem Pleschberg trug man 1802 ab und baute sie in Katschika (Cacica ) wieder auf. Bei der Salzgewinnung waren hauptsächlich deutschböhmische Bergleute und Facharbeiter beschäftigt , die zwischen 1790 und 1795 eingewandert waren. Bekannt wurden die Deutschböhmen jedoch später als Glasbläser. Um 1800 regten die k. k.Verwaltungsbehörden den Bau von drei Glashütten – Karlsberg (Gura Putnei), Alt- und Neuhütte ((Glăjăria Veche, Glăjăria Nouă) – an; und 1803 entstand im Gemeindebereich von Mardschina die vierte und bedeutendste deutschböhmische Glasmachersiedlung: Fürstenthal (Voivodeasa). Die Fürstenthaler Hütte belieferte zu Beginn des vorigen Jahrhunderts hauptsächlich die Städte Radautz (Rădăuţi) und Suceava, doch auch in vielen Ortschaften des südlichen Buchenlandes konnte man die kunstvollen Kannen, Gläser und Flaschen sehen.

Nachdem zwischen 1782 und 1786 Bauern und Handwerker aus Franken und Schwaben sowie aus Österreich in der Gegend von Cîmpulung und Suceava angesiedelt worden waren, kamen 1787 achtzig Familien aus dem Rhineland, aus Franken und Baden-Württemberg ins Buchenland; damals entstanden, neben schon bestehenden rumänischenen Ortschaften eine Reihe von Sekundärsiedlungen wie Deutsch-Altfratautz (Frătăuţii Vechi), Neufratautz (Frătăuţii Noi), Deutsch Millischoutz (Milişăuţi), Badeutz (Bădăuţi), Deutsch-Illischescht (Ilişeşti), Waschkautz (Văşcăuţi), Kriegsdorf (im Buchenland, Dorneşti), Gotthilf (Ţibeni) u.a.

Man kann heute wohl kaum noch feststellen aus welchem Gegenden und Ortschaften die Schwaben und Franken unmittelbar eingewandert sind, da ein Teil von ihnen über Galizien oder das Banat ins Buchenland kam. Es muss jedoch gesagt werden, dass die grosse Bevölkerungsgruppe, die man später allgemein Schwaben nannte und deren Fleiss sprichwörtlich war, sich aus Einwanderern zusammensetzte, deren Vorfahren wohl aus Baden-Württemberg zum Teil jedoch auch aus anderen Teilen Deutschlands und Östereich stammten.

Die letzte grosse deutsche Ansiedlerwelle kam zwischen 1830 und 1840 aus Böhmen und vermutlich auch aus der Zips ins Buchenland in die schon bestehenden Dörfer Lichtenberg (Dealu Ederii), Bori (Boureni bei Gura Humorului), und Schwarzthal (Vadul Negrilesei); damals entstand auch die böhmische Gemeinde Buchenhain (Poiana Micului). Zuwanderungen deutscher Beamten, Handwerker, Arbeiter und Bauern gab es jedoch bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ein grosser Teil der deutschsprachigen Intelligenz – darauf sollte man nicht vergessen – waren Juden; sie haben eine Reihe bekannter Schriftsteller, Maler, und Musiker hervorgebracht: Rose Ausländer, Paul Celan, Alfred Margul-Sperber, um nur drei grosse Namen zu nennen, sind im Buchland geboren.

Die Zipser Bergleute hatten nach ihrer Ansiedlung weder Boden erhalten, noch die Möglichkeit, solchen zu erwerben. Sie konnten jederzeit vom Werkbesitzer fristlos entlassen werden und waren somit der Ausbeutung und Willkür des Arbeitsgebers ausgesetzt. Für das Vieh wurden ihnen – nicht immer unter günstigen Bedingungen – Wiesen und Hutweiden vom Religionsfonds der orthodoxen Kirche verpachtet.

Besser stand es um die schwäbischen Bauern: Sie bekamen Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude, Vieh – meist zwei Ochsen, eine Kuh und ein Kalb – zugeteilt, ausserdem Werkszeuge, Acker- und Hausgeräte. Die Grundstücke waren erblicher Besitz, dafür mussten sie jedoch nach zwei “Freijahren“ verschiedene Abgaben an den Staat leisten. Aus diesem Grund brachten sie es bald zu einem gewissen Wohlstand, und so unterschieden sich die Schwaben nicht nur durch Sprache, Tracht und Brauchtum von den anderen Bevölkerungsgruppen, sondern auch durch die „herrschaftlich“ wirkenden sauberen Häuser und Höfe.