Aufschwung und Niedergang des Bergbaus:

Zur Ansiedlung deutscher Bevölkerungsgruppen im Buchanland

Dr. Claus Stephani
Neuer Weg (Bucharest), Jg. 30, Nr. 9094, 12. Aug. 1978, S. 3

Veröffentlicht mit Genehmigung des Autors
3 September 2002


Einführung

Im Jahr 1797 lies Karl Manz Ritter von Mariensee die Silber- und Bleibergwerke am oberen Lauf der Goldenen Bistritz bei Cirlibaba Nouặ (Ludwigsdorf) und Cirlibaba Veche (Mariensee) in Betrieb setzen; wieder waren es Zipser Bergleute und Handwerker, die man ins Land brachte und die sich hier und in Bîrjaba (Byrschawa), Ciocặneşti (Tschokaneschy), Ţibău (Zibau), Şesure (Schessu), Rotunda, Iedu (Jedt) und Valea Stînei la Cirlibaba (Hüttenthal) ansiedelten.

Als 1792 die Salzsiederei auf dem Pleschberg bei Jakobeny aufgelassen und die Salzerzeugung von dort nach Katschika verlegt wurde, regten die österreichischen Verwaltungsbehörden – nach Gura Putnei (Karlsberg), Glăjăria Veche (Althütte), Glăjăria Nouă (Neuhütte) – die Errichtung einer vierten Glashütte an, deren Betrieb im Wojwodeassa-Tal, im Gemeindebereich von Marginea (Mardschina), 1803, anlief; diese neue deutschböhmische Siedlung erhielt den Namen Voivodeasa (Fürstenthal). Etwa zur gleichen Zeit wurde weiter nördlich, am rechten Ufer des Kleinen Sereth, auch eine andere deutschböhmische Gemeinde, Augusta (Augustendorf), gegründet.

Schon 1802 hatten sich böhmische Glasmachergesellen beim Bukowiner Staatsgüterinspektorat in Rădăuţi (Radautz) gemelded und waren dann im Sommer 1803 im neugegründeten Fürstenthal eingetroffen. Ihre urkundlich überlieferten Namen lauteten: Wenzel Feldigel, Anton Fuchs, Joseph Gaschler, Matthias Gaschler (beide Hohlglasmacher), Franz Keller, Martin Stoiber (Hüttenmaurer), Franz Weber und Johann Weber. Sebastian Schuster, ein um 1800 aus Rehberg (Böhmen) nach Radautz zugewanderter Glasermeister, hatte schon 1802 in seiner Heimatgemeinde Holzhauer für ein Betrieb in Fürstenthal angeworben. Im Herbst 1803 traf Schuster mit weiteren zwanzig Holzschlägerfamilien in Mardschina ein. Hier wurden die Ankömmlinge von dem Verwalter Quirsfeld und dem Rentmeister Hohenauer empfangen und in staatseigenen Blockhütten provisorisch untergebracht. Es waren die Familien Anton Aschenbrenner, Johann Augustin, Adam Bähr, Sebastian Baumgartner, Georg Beitl, Joseph Druck, Martin Eichinger, Franz Geschwendner, Martin Gnad, Karl Haiden, Wenzel Hoffmann, Georg Klostermann, Kaspar Kohlruss, Georg Kufner, Wenzel Kufner, Martin Schulhauser, Andreas Schuster, Franz Schuster, Johann Schweigl, und Peter Wilhelm. Den Deutschböhmen wurde jedoch bei weitem nicht jene staatliche Unterstützung zuteil, wie den etwa zwanzig Jahre vorher eingewanderten Schwaben und Franken. Vor allem erhielten sie kein Acker- und Wiesenland, sondern nur Waldgebiet, das erst gerodet und urbar gemacht werden musste.

In Jahr 1805 entstand im oberen Moldautal ein Kupferbergwerk und weiter nördlich auf staatseigenem Boden, zwischen Pojorita (Poschoritta) und Breaza (Braass) 1808 die Bergbausiedlung Fundu Moldovei ( Luisental) und der Weiler Piriul Cailor (Pferdegraben), wo sich vor allem Bergleute aus dem Gründler Land (Zips) niederliessen. Damals siedelten sich Zipser Bergarbeiter auch im benachbarten Poschoritta, im nördlich gelegenen Braass und in den Seitentälern des Moldauflusses, z.B. in Izvoru (Quellenthal), an.

Nach zwei Jahren, 1806, wurde auch bei Vama (Wama) ein Eisenhammer errichtet, wobei sich zuerst auf der Waldwiese Hurgisch, oberhalb von Wama, achtunddreissig Zipser Bergleute niederliessen. So entstand schon nach einem Jahr, 1808, die spätere Gemeinde Prisaca Dornei (Eisenau). 1809 errichteten im seitlich gelegenen Moldowitzatal fünfunddreissig Zipser Familien die Werkkolonie Valea Stînei (Freudenthal); von hier aus siedelten sich deutsche Holzarbeiter und Handwerker auch in den schon bestehenden rumänischen Dörfern Paltin (Ochsenthal), Moldoviţa (Moldowitza), Deia, Frumoasa, Pleta (Pletta), Rusaia (Russaja) an.

Nachdem die erste Einwanderungswelle deutschböhmischer Facharbeiter ungefähr 1817 abgeschlossen worden war – in dem Jahr wurden die letzten Waldarbeiter in Frasin (Deutsch-Oberfrassin) und Păltinoasa (Paltinossa) angesiedelt – folgte der nächste grössere Zuzug zwischen 1830 und 1840.

Im June 1835 meldeten sich beim k k.Wirtschaftsamt Solka dreiundsiebzig Familien zur Ansiedlung auf Staatsgründen. Diese Einwanderer kamen zum Grossteil aus dem Böhmerwald, aus Langendorf, Rehberg, Sattelberg, Seewiesen, Unterreichenstein, u.a. und wurden am Humorbach angesiedelt; so entstand die Gemeinde Bori.

Im selben Jahr, 1835, wurde zwischen Mardschina und Glitt eine zweite deutschböhmische Kolonie gegründet, Dealu Iederii (Lichtenberg); her zogen jene Ansiedler, für die es in Bori keinen Boden mehr gegeben hatte. Durch weitere Zuwanderungen deutschböhmischer Bauern entstanden 1841 die Gemeinden Poiana Micului (Buchenhain) – wo sich auch deutschsprachige Slowaken aus der Zips niederliessen – und Negrileasa (Schwarzthal). 1843 wanderten weitere zweihundert deutschböhmische Ansiedler ins Buchenland ein und siedelten sich in die schon bestehenden Ortschaften und in Putna und Putnathal an.

Die ersten Zipser Bergleute hatten weder Boden erhalten noch die Möglichkeit, solchen zu erwerben. Auch konnten sie jederzeit vom Werkbesitzer fristlos entlassen werden. Für ihr Vieh wurden ihnen Wiesen und Hutweiden vom Religionsfond der orthodoxen Kirche, auf dessen Grundbesitz sie siedelten, verpachtet.

Die wirtschaftliche Lage der „schwäbischen“ Bauern war günstiger: sie bekamen Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude, Vieh – meistens zwei Ochsen, eine Kuh und ein Kalb – zugeteilt; ausserdem erhielten sie die nötigen Werkzeuge, Acker- und Hausgeräte. Die Grundstücke waren erblicher Besitz, wofür sie nach Ablauf von zwei „Freijahren“ an den Staat gewisse Abgaben zu leisten hatten. Ausserdem wurde jeder Gemeinde auch noch Boden für die Errichtung einer Kirche und eines Schulgebäudes zugewiesen.

Die deutschen Einwohner in den Städten des Buchenlandes sind zum Unterschied von der Landbevölkerung nicht im Rahmen einer planmässigen Ansiedlung eingewandert. Zum Grossteil kamen sie aus einem Antrieb in die Stadt, weil es hier bessere gewerbliche und Verdienstmöglichkeiten gab. Ausserdem blieben zahlreiche österreichische Militär- und Zivilbeamte, nach Ablauf ihrer Dienstzeit, weiterhin in der neuen Heimat. Dieser Zuzug aus westlichen Gebieten der Monarchie brach auch später niemals ab.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die wirtschaftliche Lage der Siedler östlich der Goldenen Bistritz, in den deutschen Bergwerkskolonien Cirlibaba Veche (Mariensee), Cirlibaba Nouă (Ludwigsdorf), Iacobeni (Jakobeny), Fundu Moldovei ( Luisental), Prisaca (Eisenau) und Valea Stînei la Moldoviţa (Freudenthal) immer schwieriger. Die seit 1848 sich bemerkbar machenden Missstände in der Bukowiner Montanindustrie führten zum raschen Verfall der einst wohlhabenden Zipser Bergbausiedlungen. Durch die Einstellung der meisten Unternehmen – nach 1870 – wurde die Mehrzahl der deutschen Bergleute in eine beständige Notlage versetzt. Damals begannen die Zipser Bergleute und Hüttenarbeiter umzulernen. Sie wurden Waldheger, Flösser und Holzarbeiter – Berufe, die sie auch in unserer Zeit ausüben.