Das Schicksal der Bukowiner Magyaren aus Andrasfalva

Norbert Gaschler, Pfr.

Der Südostdeutsche, 15. März 1974 S. 2
Veröffentlicht mit Genehmigung 1. April 2004


„Leben und Geschichte der (ungarischen) Sekler von Andrasfalva in der Bukowina von Adam Sebestyen „A bukovinai andrasfalvi szekelyok elete es törtenete Madefalvatol napjainkig. Szekszard 1972.”

Im SOD, Nr. 13/1972, stand die Frage: „Was geschah mit den Bukowiner Magyaren?” Antwort darauf gibt das oben angeführte, unseres Wissens erste Heimatbuch über eines der fünf ehemaligen ungarischen Dörfer in der Bukowina: Sie sind ebenfalls umgesiedelt und leben heute in Südungarn.

Anreger der Umsiedlungsaktion war Dr. Koloman Nemet h, der kath. Pfarrer von Joseffalva (Vorniceni) bei Suczawa. Am Himmelfahrtstag (und Leldengedenktag in Rumänien!) 1939 entfachte sich durch spielende Kinder eine derart große Feuersbrunst in seinem Pfarrdorf, daß es bis auf die Kirche, das Pfarrhaus und einige wenige Häuser völlig niederbrannte. Pfarrer Nemeth unternahm daraufhin Bettelreisen in seine Heimat Siebenbürgen, um seinen abgebrannten Pfarrkindern zu helfen. Was immer er auch an Hilfe bekam, es war und konnte nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Die Armut und Not seiner Pfarrkinder steigerte sich noch durch die Teilmobilisierung 1939/40 in Rumänien, weil sehr viele Männer und Väter eingezogen wurden. Die staatliche Unterstützung der Familien der Eingezogenen war sehr dürftig. Als dann durch den 2. Wiener Schiedsspruch vom 30.8.1940 Nordsiebenbürgen an Ungarn kam und im Herbst desselben Jahres auch die Umsiedlung der Deutschen aus der Südbukowina erfolgte, reifte in ihm der Plan einer Umsiedlung aller Bukowiner Sekler nach Ungarn.

So wanderten im Frühjahr 1941 insgesamt 2 828 ungarische Familien mit rund 13 500 Seelen nach Ungarn aus und wurden bis zum 21. Juni 1942 in 28 kleineren oder größeren Ortschaften in der serbischen Batschka angesiedelt.

Bekanntlich wurde die Batschka, das reiche Tiefland zwischen der Donau und der unteren Theiß, durch den Vertrag von Trianon am 4.6. 1920 dem neu entstandenen Staat Jugoslawien zugesprochen. Nach dem deutsch-jugoslawischen Feldzug im Frühjahr 1941 (vom 6. bis 17. April) kam das ganze Gebiet wieder an Ungarn zurück. In den Höfen der geflüchteten oder ausgewiesenen Serben wurden nun die Ungarn aus der Bukowina angesiedelt.

Vergebens hatten sich die fünf röm.-kath. und der eine reformierte mitumgesiedelten Geistlichen gegen diese Ansiedlung gewehrt. Insbesondere war es Dechant Anton Sebesteny, der ehemalige Pfarrer von Hadikfalva (Dornesti), der die ungarische Regierung in Budapest in einem Schreiben beschwor, von der Batschka als Ansiedlungsgebiet abzusehen, da sie ja alle Zeichen der Unsicherheit in sich trage: ein umstrittener Landesteil zwischen zwei feindlichen Staaten, mitten in einem noch nicht entschiedenen Krieg.

Und dann kam es so, wie man es befürchtet hatte: Am 8.10.1944, gerate als die meisten Leute als Andrasfalva bei einem gemeinsam gefeierten Kirchweihfest waren, hieß es plötzlich: Binnen drei Stunden sich zur Flucht bereit machen. Nach 10-bis 15tägigem Treck fanden die Flüchtlinge in der Gegend des Plattensees eine vorläufige Unterkunft. Nach dem Kriege wurden ihnen die Häuser und Höfe der ausgewiesenen Deutschen in der sogenannten Schwäbischen Türkei in Südungarn zugewiesen. In 32 kleineren oder größeren Dörfern haben sie so ihre neue Heimat gefunden. Das Buch, das von einer kommunistischen Behörde zensiert, genehmigt und herausgegeben wurde, endet seinen historischen Bericht mit folgenden Worten: „Gebe Gott, daß unsere Kinder, die jetzt leben, und die, die ach ihnen kommen, nie solche schreckliche Zeiten erleben müssen, de sie unsere Ahnen erleben und erdulden mußten!”

Neben einer Namensliste aller ehemaligen Bewohner von Andrasfalva (Maneutzi) bei Radautz mit der Zahl der Familienmitglieder, enthält es Buch auf 279 Seiten viele Beiträge über Leben und Treiben der Ungarn in der alten Heimat, in die sie als erste Kolonisten, also noch vor den Schwaben, in den Jahren 1775 bis 1786 von der Moldau her gekommen waren, nachdem sie im Jahre 1764 aus Madefalva (Ostsiebenbürgen) und Umgebung dorthin geflüchtet waren.

Als Anhang finden wir noch 51 Bilder aus der alten und der neuen Heimat, die leider nicht besonders gut ausgefallen sind, und eine Liste von Wörtern, die in der Bukowina gebräuchlich waren, aber nicht von allen Ungarn verstanden werden können.

Wer sich mit den einstigen Völkern der Bukowina und ihren Bräuchen, ihrer Herkunft und ihren Eigenarten befaßt, wird sich auch aus diesem Buch einzelne Kapitel übersetzen lassen müssen. Ich selbst verdanke die wesentlichen Angaben Herrn Pfarrer Mersdorf von Regensburg-Schwabelweis. Den Preis des Buches kann ich nicht angeben, da es mir von befreundeter Seite zugeschickt wurde. Bekanntlich gehörten die Katholiken aus meinem Heimatdorf Deutsch-Altfratautz zur ungarischen Pfarrei in Andrasfalva, wo es übrigens auch eine reformierte Pfarrei gab, also die einzige evangelische Pfarrei H.B. in der Bukowina.