Die Deutschen im Raum Stulpikany

von Josef Talsky

Veröffentlicht in Bukowina: Heimat von Gestern
(Karlsruhe: Selbstverlag “Arbeitskreis Bukowina Heimatbuch,” 1956), S. 158-160
herausgegeben von Erwin Massier, Josef Talsky, and B. C. Grigorowicz

Veröffentlicht mit Genehmigung des Autors, 2 Mai 2019


Bereits zur Zeit als der Steiermärker Anton Manz zu Ende des 18. Jahrhunderrs die Bukowiner Bergwerke erwarb, befand sich im Such-Tale in Stulpikany ein Zeughammerunternehmen, das Anlaß zur Besiedlung mit deutschen Arbeitern und Fachleuten gegeben hatte. Diese waren jedoch zahlenmäßig gegenüber der rumönischen Bevölkerung des Gebeits in Minderzahl. Erst nach der Ansiedlung von Deutschböhmen Schwarzthal und Umgebung bildete sich auch in Stulpikany selbst eine größere deutsch Kolonie und am Ortsrande gegen Süden eine in sich geschlossene rein deutsche Randsiedlung, Gura-Ostra genannt. Die rumänische Bevölkerung dieses südlichsten Zipfels der Bukowina bestand meist aus urwüchsigen, friedlich Gebirgsrumänen, de mit dem Fortschreiten derösterreichischen Ära immer treuere Anhänger der Monarchie wurden und mit Ehrerbietung von “ihrem” großen Kaiser sprachen.

Stulpikany erreichte man über Frassin (im Moldlau-Tale), wo sich die Sucha in der Moldau regießt. Dem Sucha-Tale südwärts und zugleich aufwärts folgend, erreicht man nach etwas zehn Kolometern Stulpikany. Das Tal, das hier bereits sehr verengt erscheint, teilt sich bei Stulpikany in drei kleinere Gebirgstäler: das obere Such-Tal in Richtung Gemine – Slatioara, das Ostra- Tal in welchem Molid und Ostra liegen, und das Negrileassa- Tal mit der bereits oben erwähnten früheren deutschböhmischen Kolonie Schwarzthal.

Es ist dies eine Gebirgsgegend, wie sie schöner und einladender für sommerliche Wanderungen nur selten zu finden ist. Als besondere Leckerbissen für beherzte Wander galt die Ersteigung des Rarau von Slatiora aus; bot sich hier doch die Gelegenheit, ein richtiges Urwaldgebiet, den Teodoresu-Forst, zu durchqueren, dessen Wildheit den etwas zarter besaiteten Naturfreund fast zum Erschauern brachte. Bären, Luchse und andere selene Raubtiere hatten hier ihr ungestörtes Revier.

Um Slatiora von Stulpikany aus zu erreichen, mußte man zuerst Gemine durchqueren. In beiden Gemeinden, mit den weit verstreut liegenden Gehöften hatten sich Deutschböhmen nidergelassen, die zumeist das Holzarbeit-Gewerbe betrieben und nebenher ihr karges Feld bestellten. Sie bildeten keine geschlossenen Siedlungen.

Im Ostra-Tal befanden sich demgegenüber zwei in sich geschlossene Siedlungen der Deutsch-Böhmen: Molid und Ostra. Sie bildeten deutsche Randsidlungen und lehnten sich den von früher her bestehenden rumänischen Ortschaften an.

Die Gemeinden der drei genannten Täler waren sowohl wirtschaftlich als auch verwaltungsmäßit von Stulpikany abhäntit, das als Zentrum dieses waldreichsten Gebietes der Bukowina galt und auch einige Industrie aufzuweisen hatte. Von seinen rund 3.000 Einwohnern waren etwas 600 Deutsche. Die Mehrheit wurde von den Rumänen gestellt. Den Rest bildeten die Juden, die fast den gesamten Handel an sich gerissen hatten.

Die deutschn Einwohner Stulpikany waren Beamte, Handwerker, Facharbeiter und Bauern. Selbst zur Zeit der rumäischen Ära bestand die Beamtenschaft fast ausschlißlich aus Deutschn. Das Müller-, Schumacher-, Schneider-, Friseur- und Schmidehandwerk lag in den Händen der Deutschen. Die deutschen Bauern hatten ihre Äcker zumeist in der unmittelbaren Nähe des Dorfes, doch reichte der Ernteertrag alein zu Erhaltung einer Familie nicht aus. Oft arbeite deshalb Vater und Sohn als Holzhauer in den umliegened Wäldern, während die Bestellung der Felder und Äcker sowie die Versorgung des Viehs zum größten Teil der Hausfrau und den andern Familien mitgliedern zur Last fiel.

Der Hähenlage von etwas 600 Metern Seehähe entsprechend, gedieh das Getreiden in dieem Raum nicht mehr gut, so daß der Bauer in erster Linie auf Viehwirtschaft eingestellt war.

Die uns noch in Erinnerung gebliebenen duetschen Familien in Stulpikany wollen wir nachstehend anführen:

Bauern und Wald- bzw. Sägearbeiter: Hilgard Franz, Gotsch Johann, Weber Rudolf, Sebaczek Georg, Kowar Rudolf, Gunier Valentin, Lausmann Leon, Jakob, Josef, Johann, Karl und Siegmund, Kurowski Michael und dessen Sähne Ferdinand und Emil, Kurowski Karl und dessen Sähne Johann und Rudolf, Kübek Wenzel und dessen Sähne Franz, Robert, Paul, Hironimus und Otto, Kübek Rudolf und dessen Sähne Johann und Viktor, Klein Josef, Seidl, Caikowski Ferdinand und dessen Söhne Artur und Josef, Stenzl Jose, Wilhelm Gustave, Eckhardt Willibald und dessen Sähne Emil, Rudolf, Heinrich, Robert und Josef, Granat Albert und dessen Sohn Bruno, Hass, Weber Jakob und dessen Sähne Siegmund, Philip und Johann, Zibulski Josef und Xaver, Borschütz Rudolf, Kowar Josef und dessen Sähne Rudolf und Hironimus, Hackl Karl, Jakubczek Johann und dessen Sohn Wladimir, Danko Martin und dessen Sähne Albert, Paul und Hironimus.

Bauern sowie Mühlen- und Sägewerksbewsitzer: Kurowski Franz und dessen Sähne Josef und Otto.

Bauer und Gastwirt: Krzeminicki Alfred und dessen Sähne Artur und Leon. (Steinmetz), Weber Josef und dessen Sohn Anton (Schuhmachermeister und Organist), Hoffmann Wenzel (Schneidermeister), Kozanowski Franz und dessen Söhne Johann und Winzenz (Wagner), Kaminski Josef und dessen Sähne Franz und Karl (Schmied), Kowar Stefan und dessen Sähne Josef und Ferdinand (Mauer), Newton Josef (Mauer), Terschanski Josef und dessen Sähne Adolf, Karl, Leon und Alois (Mauer), Tenerewicz Anton (Schmied) und dessen Sohn Franz (Wagner), Lissak Albert (Fleischer), Wendling Johann (Metzgermeister), Haas (Frieseur).

Beamte, Angestellte und Pensionisten: Fleischer Artur (Färster), Rzeczowski Johann und dessen Sähne Eugen Emil, Otto und Viktor (alle Färster) Pscheidt (Forstmeister), Talsky Franz und dessen Söhne Josef und Max (Fianzbeamte), Domarawski Adolf (Pensionist), Semenow Riktor (Gerichsbeamte), Hodel Ernst (Richter), Warik Lorenz (Pensionist).

Auch heute noch denken wohl alle die hier angeführten und auch nicht erwähnten Landsleut aus Stulpikany und Umgebung bestimmt mit viel Freuden und zugleich mit einem noch nicht erloschenen Heimwehgefühl an die schöne Zeit in der alten Heimat, an die malerischen Täler des Sucha- und Ostr-Baches zurück. Wenn auch das Leben damals mühsamer war und vielen auch die Not den Stempel in ihre Gesichtszüge gedrückt hatte, so war man doch zu Hause, in der geliebten Heimat.

Die Chronik der deutschen Siedlungen und der von Deutschn bewohnten Städte de Buchenlandes zu schreiben, wäre Aufgabe eines Spezialwerkes über die Bukowina, und würde Bände füllen. Daher mögen unsere Ausführung über die Entsehung und Entwicklung der detschen Niederlassungen in diesem Lande im Laufe von 165 Jahren als Beispiel für germanischen Kolonistengeist udn deutsche Tüchtigkeit genügen.

Unter vielen anderen, fiel auch diese Kultinsel im Osten der Sintflut des letzten Weltkrieges zum Opfer; ihre Menschen aber fanden den Weg zurück zu ihrem Mutterland, zu einer neuen Heimat wieder.