Sprichwörtlicher Fleiss:

Zur Ansiedlung Schwäbischer Bevölkerunsgruppen im Buchenland

Dr. Claus Stephani
Neuer Weg (Bucharest), Jg. 31, Nr. 9345, 5. Juni 1979, S. 6.

 Veröffentlicht mit Genehmigung des Autors
7. Dezember 2002


Bald nachdem die Nordmoldau, das Buchenland, von österreichischen Truppen besetzt worden war, wurde in einem Bericht des Generals von Splény vom 10. Dezember 1774 die Ansiedlung “guter deutscher Handwerksleute” und Bauern, aus den “entferntesten nordischen Ländern,” angeregt – unter Gewährung ”gewisser Freiheiten.” So wanderten in den darauffolgenden Jahrzehten – und vereinzelt bis in die 90er Jahre des 19. Jahrhunderts – ausser zahlreichen österreichischen Beamten auch Schwaben, Zipser Sachsen und Deutschböhmen ins südliche Buchenland ein. Copyright © 1991-2003, Bukovina Society of the Americas

Wähend die Zipser hauptsächlich Waldarbeiter, Flösser, Bergleute und Handwerker waren, die Deutschböhmen die ersten Glashütten errichteten, kamen die Schwaben als Bauern ins Land. So schrieb 1780 der bukowinische Mappierungskirektor Budinszky in einem Bericht, dass die schwäbischen Bauern ”der Landwirtschaft sehr wohl kundig seien.” Hier sei vorausgeschickt, dass spatter als “Schwaben” – ausser den Einwanderern aus Baden-Württemberg, der Pflaz usw. – oft auch andere deutschsprachige Ansiedler bezeichnet wurden, die sich in schwäbischen Gemeinden niedergelassen hatten.

Bezeichnend für die buchenländischen Schwaben ist die Tatsache, dass sie — zum unterschied von den Zipsern — längere Zeit als die anderen Bevölkerungsgruppen an mitgebrachten Sitten, Bräuchen und Trachten festhielten.

Die ersten “schwäbischen” Einwanderer kamen – wie es später hiess, “infolge einer widersinnigen Äusserung eines Beamten” – aus dem Banat und trafen im Juni 1782 ein. Es waren 22 Kinderreiche Familien, deren Vorfahren aus der Main-Rheingegend ins Banat eingewandert waren. Nachdem die österreichische Landesverwaltung vom Eintreffen dieser Einwanderer vorher nicht verständigt worden und daher völlig unvorbereitet war, mussten sie zuerst mit “milden Gaben” vorlieb nehmen, bis sie in den schon bestehenden Siedlungen Molodia (Jungheim), Roş (Rosch), Mitoca-Drogomirna und Ciucica (Zutschka) untergebracht wurden.

Die Lage der Siedler verbesserte sich dann im nächsten Jahr: Bis Ende Juni 1783 erhielten sie unentgeldlich Mehl und Getreide, Pflüge und verschiedene Wirtschftsgeräte sowie Anleihen für den Ankauf von Vieh. Sie genossen ausserdem eine mehrjährige Befreiung von der landesfürstlichen “Kontribution” (Steuer); die herrschaftlichen Abgaben mussten sie jedoch an ihre Grundherren schon ab 1783 zahlen. Es war jedoch der auch heute noch sprichwörtliche schwäbische Fleiss, der diese Bauernsiedlungen später zu ungewöhnlichen Wohlstand brachte.

Eine zweite “schwäbische” Siedlerwelle folgte auf Veranlassung des Vorstands der Staatsgüter Administration Ainser, im August 1787, als 50 Familien aus verschiedenen deutschen Dörfern des umliegenden Gebiets ins Buchenland kamen. Ihre Vorfahren waren aus Franken und Schwaben nach Galizien eingewandert; nachdem sie ”oft jahrelang von Herrschaft zu Herrschaft geschoben” worden waren, kamen sie nun mittels Vorspann” – wofür “per Meit und Pferd” 10 Kreutzer bezahlt werden mussten – ins Buchenland. Diese Siedlerfamilien zählten 93 männliche und 89 weibliche Mitglieder; alle waren Bauern, doch nebenbei übten sie auch verschiedene Handwerke aus – was für die vielseitige Begabung der bukowinischen Schwaben kennzeichnend ist. So gab es unter ihnen mehrere Schuster, Schneider, Zimmerleute, Tischler, einen Maurer und einen Brettschneider.

Sie wurden in den Ortschaften Frătăuţii Vechi (Altfratautz), Frătăuţii Noi (Deutsch-Neufratautz), Satulmare (Deutsch-Satulmare), Milişăuţi (Millischoutz), Bădeuţi (Badeutz), Sf. Ilie (St. Onufry) und Arbore, Iţcani (Deutsch- Itzkany) Terebleşti (Deutsch Terebleschti) und Ilişeşti (Deutsch Illischestie) angesiedelt und erhielten je Familie ein Holzhaus, das meist aus Stube, Kammer und Vorhaus bestand, daneben Stahl und Scheune. Alle Ansiedler – “Schwaben” – und “Deutsche” – waren Erbzinsler – d.h. sie erhielten ihre Grundstücke, gegen gewisse Abgaben, als erblichen Besitz – und leisteten folglich ihrer “herrshaft” weder “Robotdienst” noch Naturalienabgaben; sie bezahlten bloss einen Grund- und Hauszins. Somit war ihre wirtschaftliche Lage von Anfang an weitaus günstiger als die der am Osthang der Waldkarpaten ansässigen Zipser.

Anschliessend sei noch erwähnt, dass um die Mitte des 19. Jahrunderts durch Abwanderung aus übervölkerten schwäbischen Gemeinden kleinere Siedlungen auf verschiedenen Privatgütern gegründet wurden, so z.B. auf dem Gut des schwäbischen Grundbesitzers Franz Sauer in Balaciana (Ballatschana), 1848, Stăneştii de Jos (Unter-Staneschtie, 1860), Alexandreni (Alexanderdorf, 1963).