ÜBER DIE GOLDENE BISTRITZ
ZUR ANSIEDLUNG DEUTSCHER BEVÖLKERUNGSGRUPPEN IM BUCHENLAND (I)
*Neuer Weg
(Bukarest), Jg. 30, 29. Juli 1978, S. 3.
Veröffentlicht mit
Genehmigung des Autors im World-Wide-Web
durch die Bukovina Society of the Americas,
3. April 2004.
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Das Buchenland, die Bukowina, war die
östlichste Provinz der ehemaligen österreich-ungarischen Monarchie und kam nach
dem russisch-türkischen Krieg, am 7. May 1775, als “Entgelt” für die
Vermittlungstätigkeit beim Friedensschluss, an Österreich.
Im selben Jahr, 1775, begannen die
österreichischen Behörden für dieses seit ältesten Zeiten von Rumänen und in
einigen Gegenden von Ukrainern (Kleinrussen, Huzulen, Ruthenen), bewohnte Gebiet
einen grossangelegten „Einwanderungsplan“ auszuarbeiten. So kamen in der
Zeitspanne eines Jahrhunderts zu der rumänischen Urbevölkerung der Nord – und
Südbukowina – mit den Hauptorten Cernăuţi (Czernowitz), Vijniţa (Wisntz), Siret
(Sereth), Rădauţi (Radautz), und Suceava (Sutschawa) – zahlreiche Siedlergruppen
verschiedener Nationalitäten aus allen Teilen der Monarchie hinzu. Ausser
deutschsprachigen Beamten, Bergleuten, Handwerkern und Bauern – aus
Siebenbürgen, dem Banat, der Zips und der Slowakei, aus Galizien, Böhmen usw. –
waren auch Siedler aus Deutschland – der Rhein-Main-Gegend, aus
Baden-Württemberg, Franken --, ferner Juden , Ungarn, Ukrainer, Lippowaner,
Polen, Armenier, Tschechen, Slowaken, Serbo-Kroaten, Italiener, Tataren,
Bulgaren und Zigeuner angesiedelt worden.
Vorher schon hatten Jahrhunderte hindurch
Zuwanderungen deutscher Bevölkerungsgruppen aus Siebenbürgen – Handwerker,
Kaufleute, Wundärzte, Apotheker u.a. – in verschiedene Teile der Moldau – nach
Baia (Moldenmarket), Sasca (Klein-Saska), Cotnari (Kotnersberg), Tirgu Neamţ (Neamtz),
Roman (Rommesmarkt), Iaşi (Jassy), Huşi (Husch), Saşa (Sassa), Băcau (Backau),
Trotuş (Trotesch), Bîrlad (Berlad) u.a. – und in die Südbukowina – nach Suceava
(Sutschawa), Sasovîi-Rog (Sächsisch-Horn), Sasca (Saskaberg), Seret (Sereth)
usw. – stattgefunden. Manche Ansiedungsversuche blieben jedoch ohne Erfolg; so
z.B. wurde das 1760 gegründete südbukowinische Dorf Zabeşeic (Philippen) zu
Beginn der österreichischen Herrschaft aufgelassen, und 1790 wurden die alten
deutschen Siedlerhäuser verkauft. Ebenso ging das 1771 gegründete Dorf Sadagora
(Gartenberg), wo sich deutsche Tuchmacher aus Schlesien angesiedelt hatten, nach
etwa fünfzehn Jahren unter.
Die Buchenlanddeutschen sind somit erst
nach der Besitznahme der Bukowina durch Österreich ins Land gekommen. Zuerst –
unter Kaiserin Maria Theresia – waren es hauptsächlich Beamte der Zivil- und
Militärbehörden, die als Angestellte der österreichischen Verwaltungsorgane ins
Land gebracht wurden und in den meisten Fällen sich dann auch hier ansiedelten.
Bald darauf wurden dann auch Handwerker und Gewerbetreibende ins Land gerufen,
denen man grosse Erleichterungen – wie z. B. Steuer- und Militärfreiheit –
gewährte. Nachdem diese deutschsprachigen Berufsgruppen sich meistens in den
Städten niederliessen, machte die österreichische Militärverwaltung den
Zentralstellen in Wien den Vorschlag, auch deutsche Arbeiter und Bauern ins Land
zu bringen. Diese deutschen Einwanderer kamen nun in mehreren Etappen ins
Buchenland. Nach ihren Herkunftsgebieten waren es drei verschiedene grössere
Bevölkerungsgruppen: Zipser „Sachsen“ – aus der damaligen Zips und dem Gründler
Land (Slowakei) – sogenannte Schwaben – aus Baden-Württemberg und der
Rhein-Main-Gegend – und Deutschböhmen aus dem Böhmerwald.
Zwischen 1780 und 1781 wurden im Süden
des Landes Manganerz-, Kupfererz- und Eisenerzlager entdeckt, die in den Besitz
des Karl Manz Ritter von Mariensee übergingen: damals begann man in
verschiedenen Zipser Ortschaften deutsche Bergleute anzuwerben.
Als 1783 Maurer und Zimmerleute aus
siebenbürgischen Regimentern in Iacobeni (Jakobeny) mit dem Bau eines Hochofens
begonnen hatten, liessen sich hier – nach Verwirklichung dieses Projekts – 1784
die ersten Zipser Bergarbeiter nieder; damals entstand auch die Siedlung Fundu
Fieru (Eisenthal) am Eisenbach, einem Nebenarm der Goldenen Bistritz. Mit Hilfe
der Zipser wurde das Manz’sche Eisenwerk – die erste Anlage dieser Art in der
Südbukowina – in Betrieb gesetzt. Diese ersten Zipser Siedler dürften aus der
Gegend zwischen Gelnicé (Göllnitz), Zmelnicé (Schmöllnitz), Opáka (Altwasser),
Stoi (Stoss) und Iaco (Untermetzenseifen) ins Buchenland gekommen sein.
Inzwischen waren (1782) auch die ersten
zwei Siedlerfamilien aus dem Banat in Czernowitz eingetroffen; sie wurden in Roş
(Rosch bei Czernowitz) angesiedelt. Im selben Jahr wanderten ausserdem noch
zwölf Familien, ebenfalls aus dem Banat, in Czernowitz ein und wurden in
halbverfallenen Holzhäusern in Molodia (Jungheim), Ciucica (Zutschka), Mitoca (Lippowen)
und in den Dörfern der Klöster Putna, Barnovschi (Banowsky) und Dragomirna
angesiedelt.
Im Jahr 1783 wurde durch die
österreichische Montanische Schürfkommission und das Salzversuchsamt in Solca (Solka)
die Gewinnung von Salz und in der Vorgebirgsgegend von Solka – gleichzeitig aber
auch auf dem nordwestlich von Jakobeny gelegenen Pleschberg – eröffnet und
Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts südwärts in Cacica (Katschika)
weitergeführt, wo schon zwischen 1790 und 1795 deutschböhmische Arbeiter
angesiedelt worden waren. Die Namen der ersten Zipser und österreichischen
Facharbeiter und Beamten, die den Salzbetrieb in Solka eröffnet hatten, sind
urkundlich überliefert worden: Johann Wamser (Mashinenmeister und Tischler),
Leopold Eissert („Controlor“), Melchior Theiss (Aufseher), Golz und Krone (beide
Amtshusaren), Josef Fleckhammer, Dominik Aystetten, Johann Bolberitz, Barthel
Brettner, Georg Sturm, Franz Steiger (alle Werkaufseher) und Johann Wannsiedel
(Bergknappe).
Im Jahr 1786 kam eine neue
Einwandererwelle – fünfundzwangig Männer und fünf Frauen – aus verschiedenen
Ortschaften des Gründler Landes (Zips) nach Jakobeny und Eisenthal. Ein Jahr
darauf, 1787, folgten achtzig Familien aus dem Rheinland, aus Franken und
Baden-Württemberg—und wahrscheinlich wieder auch aus der Zips --, die in der
Nähe von schon bestehenden rumänischen Dörfern angesiedelt wurden; so entstanden
die Ortschaften Frătăuţii Vechi (Deutsch Altfratautz), Frătăuţi Noi (Neufratautz),
Satulmare (Deutsch-Satulmare), Milişeuţi (Deutsch-Millischoutz), Milişeuţi de
Sus (Ober-Millischoutz), Bădeuţi (Deutsch-Badeutz), Mănăstioara (Sankt Onufry),
Arbore (Deutsch-Arbora), Iţcani-Gară (Neu Itzkany), Ilişeşti (Deutsch-Illischeschti),
Terebleşt (Deutsch Tereblescht), Vascăţi (Waschkautz), ferner Baineţ (Bainze),
Falchen (Falken), Dorneşti (Kriegsdorf-Hadikfalva-Hadik) und Ţibeni (Helfgott-Istensegics)
– wo sich vorher schon auch ungarische Bauern niedergelassen hatten – Floceni
(Ostrau), Horodnicu de Jos (Unterhorodnik), Horodnicu de Sus (Oberhorodnik),
Vicovu de Jos (Unterwikow), Vicovu de Sus (Oberwikow) – hier lebten neben den
Rumänen auch Ukrainisch sprechende Huzulen – Jungheim, Rosch, Seletin und Sereth.
In der Zeitspanne 1782-1787 waren Bauern
und Handwerker aus Franken und Schwaben – einige kamen aus Österreich – auch in
der Gegend von Cîmpulung Moldovenesc (Kimpolung) und Sutschawa angesiedelt
worden, u. zw, in Bălănceana (Balatschana), Bosance (Bosschtsche), Brašcea (Braschka),
Bucşoi (Bukschoja), Dorna-Candreni, Dorna-Vatra, Gemine (Dschemine), Cliţ
(Glitt), Gurahumora, Capucodru, Cîmpulung-Sat (Deutsch-Altkimpolung), Corlata (Korlaten),
Masanaieşti, Putna, Valea Putnei (Putnathal), Stulpicani (Stulpikany) und Stupca
(Stupka); im nördlichen Buchenland, in Stăneştii de Jos (Unterstanescht), Zadowa,
Cotman (Kotmann), Vijniţ (Wisnitz) und Hliboaca (Hliboka) siedelten sich in den
80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ebenfalls deutsche Bauern an.
Man kann heute wohl kaum noch feststellen,
aus welchen Gebieten die Schwaben oder Franken unmittelbar eingewandert sind, da
ein Teil von ihnen über Galizien oder das Banat in die Bukowina kam; so muss
gesagt werden, dass die grosse Bevölkerungsgruppe, die man später allgemein
„Schwaben“ nannte, sich aus Einwanderern zusammensetzte, deren Vorfahren aus
Baden-Württemberg oder auch aus anderen Teilen Deutschlands und der Monarchie
stammten.
Einige dieser schwäbischen Familien waren
mit den grossen „Schwabenzügen,“ die die Donau abwärts in das damalige Banat
zogen, mitgekommen; sie fanden jedoch dort keinen freien Boden mehr. Und als sie
hörten, dass man sich oben im Buchenland noch ansiedeln kann, zogen sie weiter.
Ähnlich verhielt es sich mit einem Teil der deutschen Einwanderer, die von
Kaiser Joseph II. in Galizien angesiedelt worden waren, wo man ihnen jedoch zu
wenig Boden zugeteilt hatte; auch sie zogen weiter ins Buchenland. Hier
erhielten sie je zwölf Hektar Ackergrund, ein Holzhaus, Ackergeräte, Saatgut und
Vieh. So konnten sich die neugegründeten Siedlungen in kurzer Zeit
wirtschaftlich gut entwickeln.
Es wurden jedoch auch, in der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts, einige Siedlungen auf Initiative verschiedener
Adliger und anderer Gutsbesitzer errichtet, so z. B. im nördlichen Buchenland,
in der Nähe von Vijniţa (Wisnitz) – Alecsandreni (Alexanderdorf), Catranieni (Katherinendorf),
Nicolai (Nikolausdorf) und Dealul iederii (Eichenau) am Kleinen Sereth. Die
Ansiedler – zum Grossteil Deutschböhmen – mussten sich verpflichten die weiten
Waldungen zu roden und Ackerfelder und Wiesen anzulegen.
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