Die Besiedelung von Bori – Klug

Professor Alfred Klug
(Czernowitz: Verlag “Deutsche Tagespost,” 1935)
Veröffentlicht 12 Dezember 2017


Als österreichische Truppen im Jahre 1774 die Bukowina, bzw. ein Gebiet, das etwas größer war als dasjenige, das man später als Bukowina bezeichnete, besetzten, war das Land im Vergleiche mit den übrigen österreichischen Kronländern äußerst dünn besiedelt. Man zählte ungefähr 6 Menschen auf einem Quadratkilometer. Es ist daher kein Wunder, wenn der damalige General Spleny in seinem berühmten Schreiben vom 10. Dezember 1774 die Kolonisierung des Landes anregte. Er wollte vor allem gute Handwerksleute aus den westlichen Ländern heranziehen; um ihnen die Einwanderung angenehm zu machen, sollten sie gewisse Steuerfreiheiten genießen. Von der Pflicht, Rekruten zu stellen, war das ganze Land bis zum Jahre 1830 befreit. Trotzdem bald darauf Enzenberg sich gegen die Kolonisierung aussprach, wanderten in der Zeit von mehr als fünfzig Jahren Siedler verschiedener Nationen in die neuerworbene Provinz. Nach dem ersten Eifer, den die Verwaltung für die Kolonisierung bezeugt hatte, wurde sie, gewitzigt durch Erfahrungen, kritisch, wo nicht ablehnend.  Der Hofkriegsrat. hatte (25. Februar 1786) scharf gegen die Ansiedlung von Familienvätern Stellung genommen, die nur in Flechthütten wohnen und jederzeit weiter zu wandern bereit sind.

“Es sind daher nur solche Leute anzunehmen, bei denen man voraussetzten kann, daß sie bleiben und sich auf Feldbau und Viehzucht nachdrücklich verlegen werden. Künftighin ist also nicht so sehr auf die Menge als auf die Eignung der Ansiedler zu sehen, um den Distrikt mit guten und arbeitsamen Einwohnern zu versehen.”

Hatte die: staatliche Kolonisation im 18. Jahrhundert zum Teile versagt, so erfolgte zu Beginn des 19. eine private durch das zur Entwicklung gelangende Bergwerkwesen. Deutsche Arbeiter und Bergleute wurden, da es im Lande keine qualifizierten Kräfte gab, in die Bukowina gezogen. So entstanden die ersten deutschböhmischen  Glasmacherkolonien. Aber auch hier geriet das Kolonisierung nicht so weit, wie sie ursprünglich gedacht war u. zw. Hauptsächlich wegen der schweren politischen Verhältnisse, in der sich Österreich zu jener Zeit befand (Napoleon!)

Da stellte im Jahre 1826 das galizische Landesgubernium, dem die Bukowina damals unterstand, den Antrag an die Hofkanzlei, man möge fleißige und betriebsame Bevölkerung in die menschenleeren Gegenden der Kreise Stanislau, Kolomea und Czernautzi (Czernowitz} einsetzen, als sicherheits Bollwerk genen das Räuberanwesen. In der Bukowina war es namentlich der dichtbewaldete Bezirk Campulung (Kimpolung), in dem die Hajduken genannten Räuber ihr “freies Leben” führten. Räuberhauptmann Dari war weithin berühmt. Auf Grund dieses Berichtes erhielt die Staatsgüterdirektion den Auftrag, Plätze für die erforderlichen Ansiedlungen ausfindig zu machen, sowie die Bedingungen, unter denen die Ansiedlungen erfolgen sollten, festzulegen, bzw. sie zu Genehmigung einzusenden.

In der Bukowina kam nur der Wirtschaftsbezirk Solca in Betracht. Nur hier fanden sich Gebiete mit “übermäßigen Wäldern”, “menschenleere Gegenden, die den Eigentümern nichts tragen und für Räuber sichere Schlumpfwinkel sind.” Das Wirtschaftsamt in Solca arbeitete einen Plan mit genauen Skizzen aus und sandte ihn am 20. September 1829 ab. Drei Ansiedlungen wurden darin vorgeschlagen u. zw. im Tale des Solonetz südlich von Solca, dann die Barvata zwischen Pertesti und Ilisesti und drittens die Pojana Balta. Es wurde ein genauer Bericht ausgearbeitet, in dem alles Erforderliche über Lage und Zugänglichkeit  Bodenbeschaffenheit, Bewässerung usw. angegeben wurde. Aber trotz dieses Berichtes vergingen drei Jahre, ohne daß etwas veranlaßt wurde. Im Frühlinge des Jahres 1832 wiederholte das Wirtschaftsamt von Solca seine Vorschläge an das Gefälle-Inspekorat von Czernautzi. Als Zweck der Ansiedlungen wurde angegeben:  “Die Sicherheit und Beurbarung der öden und wüsten Gegend, die Erhöhung des Ertrages und die Milderung des rauhen und feuchten Himmelsstriches durch Rodung.” Von jedem Ansiedler solle verlangt werden, daß er wenigstans 2 Ochsen und 2 Kühe haben und soviel Vermögen, daß er sich nach dem Muster ein Haus und hernach auch eine Scheune aus dem herrschaftlichen, unentgeltlich gegebenen Holz herzustellen vermag.” Für jeden Ansiedler waren “20 Joch Grund als Erbeigentum, 6 Freijahre und landesfürstlichen und herrschaftlichen Steuern und als Grundbesitzer Befreiung von Soldatenstande” vergesehen. Insgesamt hätten 82 Familien angesiedelt werden sollen.

Doch nahmen die Ereignisse plötzlich einen anderen Lauf. Im Tale des Solonetz wurden Slowaken angesiedelt, ebenso in Plesa.  Dahingegen tauchten neue Besiedlungsmöglichkeiten auf u. zw. die rechtseitige, von dichtem Urwalde bedeckte Berghalde des Humorabaches, etwa 3 km. vor seiner Mündung in die Moldawa, die Wildnis von Pojana Micului am gleichen Bache 20 km.nördlich von seiner Mündung, und die ebenfalls von dichem Urwalde bedeckte Quellgegend des Negirileasabaches, etwa 6 km. südlöstlich von der von Rumänen besetzten Ortschaft Negrileasa, die Vadul Negrilesei hieß und von den  Deutschen  wegen der Düsterkeit den Namen Schwarztal erheilt.

Felix Dahn, der große Rechtshistoriker und Dichter, hat als einer der ersten als Ursache für die Völkerwanderung den Mangel an urbaren Boden bezeichnet. Und derselbe Umstand, nicht gewöhnliche Abenteuerlust, trieb auch einige Familien in Böhmen, ihre Provinz Lebensmöglichkeit zu suchen. Insgesamt waren es 73 Familien, die in die Bukowina zogen. Die Fahrt war nicht leicht. Sie mußten einen Paß haben. Ich habe im deutschen Kalender für die Bukowina 1935 ein stark verkleinertes Faksimile eines solchen Passestext  veröffentlicht. Es war der Reisepaß des Josef Günthner aus Seewiesen im Prachiner Kreis, der am 6. April 1835 ausgefertigt wurde und der Inhaber berechtige, mit seiner Frau Katharina und drei Kindern (das Jüngste war nur ein Jahr alt) in die Bukowina zu reisen. Die Rückseite gibt uns auch genau den Weg an, den er nehmen mußte: Budweis, Iglau, Brünn, Olmütz, Teschen, Wadowitz, Bochnia, Tarnow, Przemysl, Sambor, Kolomea, Cernautzi. Am 8. Mai war er in Budweis angekommen und erst am 10, Juni traf er in Cernautzi ein. In jeder der obgenannten Städte hatte er sich melden müßen und jedesmal war ihm die nächste Station genau vorgeschrieben worden.  In dem veröffentlichen Faksimile kann man die Namen erkennen. Also wie Günthner zogen auch die anderen Deutschböhmen, denn sich übrigens auch ein paar Tschechen angeschlossen hatten.

Von Czernowitz wanderten sie nach Radautz und schickten Abgeordnete aus ihrer Mitte nach Solca, um mit dem dortigen Wirtschaftsamte zu verhandeln. Am 16. Juni trafen sie dort ein. Der Universitätsprofessor Kaindl, dem wir eine große Zahl von Schriften, die unser engeres Heimatland betreffen, zu verdanken, haben und der sich unvergängliche Verdienste um die Geschichte der Bukowina erworben hat, berichtet in seinem umfangsreichen Werke: “Das Ansiedlungswesen in der Bukowina, Innsbruck 1902” auf Seite 440, daß “sich beim Solcaer Wirtschaftsamte zuerst 10 dann 54 Familien Deutschböhmen zur Ansiedlung auf Staatgsgründen gemeldet haben.

Nun ist mir in der jüngsten Zeit ein Dokument in die Hände gefallen, das diese Abgabe näher erklärt. Auf ganz vergilbtem Papiere enthält es auf 5 halbseitig beschriebenen Bogenseiten die 11 Punkte des Vertrages, den die Ansiedlungswerber von Bori unterschreiben sollten und den ich weiter unten vollinhaltlich zum Abdrucke bringe. Offenbar ist es eine Abschrift oder der Entwurf eines Vertrages, der den Ansiedlern vorgelegt wurde. Auf der sechsten Seite aber finden wir, ganzseitig geschrieben, folgendes, wobei ich darauf aufmerksam mache, daß hier wie auch späterhin die alten Schriften durchaus in der Rechtschreibung des Originals zum Abdrucke bringe:

“Vollmacht.

   Wir Endesgefertigte ansiedlungswerber aus dem Königreich Böhmen Prachiner Kreises ermächtigen anmit unsere Landsleute N,. N., N. N., und N. N. mit der Religionsfonds Herrschaft Illeschestie Bukowiner Kreises wegen Ueberlassung der Waldgemeinde Bori und Warwata zur Rottung und erbeigenthümlichen Ansiedlung in unserem Nahmen zu unterhandeln, wegen übernahme besagter Waldgründe, und der Verpflichtung zur Leistung der zu bestimmenden Grundschuldigkeiten unsere Erklärung abzugeben und alle diesfalls festzusetzenden Bedingungen mit benannter Herschaft in unserem Rahmen einzugeben.

Wir erklären und verpflichten uns einstimmig alles dasjenige was abbenannte Deputate diesfalls eingeben werden, genau zuzuhalten und hiefür einer für alle, und alle für jeden einzelnen zu halten.

urkund dessen unsere Nahmensfertigung in Gegenwart des erbettenen Zeugen

Radautz, den l July 1835.”

Darnach müssen wir folgendes annehmen: Die Ansiedlungswerber schickten drei Vertreter nach Solca, bzw. Ilisesti, die die einzelnen Punkte des Vertrages mit dem dortigen Mandatare besprachen. Es wurde ein Vertrag festgelegt und eine Abschrift, wahrscheinlich die in meiner Hand befindliche, samt dem Entwurfe einer Vollmacht ihnen eingehändigt. Mit diesem Ergebnisse zogen sie nach Radautzi zurück, ließen die Vollmacht kollektiv unterschreiben und gingen dann wieder nach Solca.

Die Gegend, die den 30 (oder 28?) Grund suchenden Ansiedlern angeboten wurde, war sicherlich kein Paradies; höchstens Jäger hatten ihre helle Freude, fänden sie noch solche Gebiete.  Große, dichte Buchenwälder, hie und da Nadelbölzer, von keiner Art noch gefällt oder auch mir gelichtet, bedeckten das Gebiet. Für Holzlieferung in die belebteren Gegenden kam Bori nicht in Betracht, da andere Orte, wie z. B.. Ilisesti viel günstiger lagen. Gurahumorului war ein Dorf, das erst zum Marktflecken erhoben werden sollte. Die meisten Bewohner holten sich selbt das Holz auz dem Walde. Verdienst sollte nun so geschaffen werden, daß die Kolonisten einen Teil des Holzes zur Verasherunulng in der eine gute Wegstunde entfernten Pottaschhütte in Frassin verwerten sollten. Da unter den Ansiedlungswerbern viele Handwerker waren, so bestand Aussicht, daß sie in dem nahen Gurahumorului Verdienstmöglichkeiten finden würden. Auch wurde in Betracht gezogen, daß Polizeiaufsicht und Gerichtsarbeit von Gurahumorului aus durchführbar sei; die Borer konnten im so nahe gelegene Orte eingesparrt und eingeschult werden.

Wie schon oben erwähnt, sollten 30 Wirte angesiedelt werden, von denen jeder 30 Joch Grund zu erhalten hatte. Die erforderlichen 900 Joch sollten auf folgende Weise aufgebracht werden: 28 Joch von der Hutweide der Gemeinde Manasterea Humorului; der man dafür eine bedeutend größere Weidefläche an einer anderen Stelle anwies, 93 Joch Waldes, den diese Gemeinde bisher in Pacht gehalten und für die man ihr ein glcich großes Gebiet neben der neuen Hutweise anbot, und der Rest bestand aus einarrondirtemWalde.

Die Deutschböhmen waren mit allem einverstanden und unterschrieben diesen Vertrag, dessen 11 Punkte also lauteten:

“1. Auf dem Waldgrunde Warwata und Bori im Bereicht der Gemeinde Klosterhumora werden 30 Familien angesiedelt und jede derselben mit 36<[1]. Joch Haus, Garten, Acker, Wiesen und Wälder-Gründen zur beständigen nd erblichen Benützung der Oberfläche gegen diesen beteilt, daß

2. Jede der angesiedelten Familien gehalten seyn solle, den ihr verliehenen Waldgrund binnen den nächstfolgenden sechs Jahren volltändig zu rotten, in urbaren Stand zu setzen, die erforderlichen Wohn- und Wirtschafsgebäude nach einem von der Herrschaft zu bestimmenden Muster und auf dem von ihr zu bestimmenden Platze auf eigene Kosten binnen der nächsten der “Frey” Jahre herzustellen, den erforderlichen Viehstand, welcher wenigstens in zwei Zugochsen und zwei Melkkühen bestehen soll, aus Eigenem sich anzuschaffen und den Lebensunterhalt sicher zu stellen.

3. Jede der angesiedelten Familien soll verhalten seyn, der Herrschaft an Grundzins jährlich zehn Golden C. M.[2]baar zu bezahlen, oder auf Verlangen derselben statt des baaren Gulden, zwanzig fünf  ö Klafter[3] Scheiterholzes in Humorer Revier jährlich zu schlagen.

4. Nachdem die Herrschaft den zur Ansiedlung bestimmten Boden bereits versteuert, somit die Ansiedler zur Zahlung der Grundsteuer an die Staatkassa somit nicht verpflichtet sind, so werden selbst gehalten seyn, auf so lange bis der auf die Ansiedlungsgemeinde entfallende Steuerbetrag nicht ausgeschieden, und von der Herrschaft auf die Gemeinde übertragen wird, hievon blos 3 Kr per Joch mithin für jede Ansiedlungsdotation. Einen Gulden 48 Kr. Con. Münze von jeder grundsäßigen Familie an die Herrschaftsrenten mit dem Grundzinse zu zahlen.
Sollte jedoch in Zukunft die auf diesen herrschaftlichen Grundstücken haftende Steuer, auf die Gemeinde förmlich übertragen werden, so hört auch der ausbedungene Steuerbeitrag für die Herrschaftsrenten gänzlich auf.
Alle sonstigen wie immer benannten Steuern, landesfürstlichen Gaben und Gemeindelasten hat jeder Ansiedler nach der Landesverfassung gleich allen übrigen Unterthänen zu leisten.

5. Für den ersten Aufbau sämtlicher Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Hof- und Garteneinfriedungen, erhält ein jeder Ansiedler das erforderliche rohe Mauer- und Holzmateriale unentgeldlich. Zu allen künftigen neuen Baulichkeiten und Reparaturen aber, wird er sich solches von der Herrschaft um den gewöhnlichen Tarifpreis erkaufen.
Zur Beheitzung erhält jeder Ansiedler in den Wintermonaten wöchentlich zwei, in den Sommermonaten aber wöchentlich eine Fuhr Lagerholz oder Abraumholz, ein für allemahl aus den herrschaftlichen Waldungen, wofür jede Familie der Herrschaft jährlich Sechs Hand- oder Zugrobothstage im Holzschlage abarbeiten oder auf ihr Verlangen hiefür Sechs n. ö Klaftern Brennholz erzeugen muß.

6. Damit jedoch diese Ansiedlung in ihrer Entstehung beschleunigt, und den Ansiedlern eine Erleiterung gewährt werde erläßt ihnen die Grundherrschaft auf die Dauer vom Tage der Besitzergreifung durch volle Sechs Jahre den Art.3 ausbedungenen Grundzins, sowie den Art. 4 bestimmten Steuererbeitrag. Alle übrigen landesfürstlichen Gaben und Steuern, sowie für den Holzgenuß ausbedungenen :Leistingen werden sie von dem Tage an, an welchem sie ihre neuen Wohnungen beziehen, unweigerlich leisten.

7. Da die den Ansiedlern zu verteilenden Waldgründe denselben in erbeigenthümliche Nutznießung übergeben werden, so wird ihnen auch das Recht zugestanden diese jedoch nur im ganzen, und mit Inbegriff der dazu gehörigen Wohn- und Wirtschaftsgebäude an einen anderen, mit allen im gegenwärtigen Vertrage enthaltenen Verbindlichkeiten, und mit Einwilligung der Grundherrschaft zu übertragen, wogegen sehr Ausübung eines Dominical Rechtes, eine Verpfändung, Verpachtung oder gar Zerstückelung des Ansiedlungs-Grundes unter Verlust derselben unersagt wird.

8. Die Ebfolge übergeht jedesmal auf den älesten Sohn und in Ermangelung diesen auf die älteste Tochter. Beim Aussterben einer Familiee, d. ist, wenn kein Verwandter väterlicher Seite verhanden, sein sollte, fällt die ganze erbliche Ansiedlung der Herrschaft anheim – und es steht dieser allein das Recht zu, solche ferner zu verleihen.

9. Jeder Ansiedler erhält Gerichtspflege und gesetzlichen Schutz von der Grundherrschaft unentgeltlich, er ist ihr jenach gleich jedem andern Unterthan zur Achtung und Folgsamkeit verpflichtet. Im Falle sich aber einer derselben eines schwereren Verbrechens schuldig machen, und deshalb zu einer schwereren Kerkerstrafe verurtheilt werden sollte, so behält such die Grundherrschaft für diesen Fall das Recht vor, ihn ohne alle Entschädigung vom Haus- und Hof abzustieften, und an seine Stelle einen anderen verläßlichern Wirthen aufzunehmen.

10. Sollte einer oder der andere Ansiedler, den im gegenwärtigen Vertrage enthaltenen Verbindlichkeiten zum Theil oder im Ganzen nachkommen, mit der Zins oder Steuerzahlung über ein Jahr im Rückstande zurückbleiben, sich dem Suffe ergeben, und seine Wirtschaft vernachläßigen oder als Aufwiegler oder Unruhestifter angeklagt, und überwiesen werden; so soll die Herrschaft berechtigt sein, einen solchen ohne weiteres, und ohne alle Entschädigung vom Grund abzustieften, und seinen Platz einen anderen zu verleihen.

11.Auf alle wie immer Rahmen habenden Zinsnachläße, müßen alle Ansiedler  feierlichst verzichten.”

Ich muß hier eine Sache aufklären. Wir haben früher gehört daß für jeden Ansiedlungswerber 30 Joch Grund bewilligt wurden. Wie konnte ich demnach die im Dokumente zerstörte Zahl im l. Abschnitte durch 36 ersetzen? Ich war dazu durch den Abschnitt 4 gezwungen wo es heißt, das die Ansiedler 1 Gulden 48 Kreuzer zu zahlen hatten. Bei einer Steuer von 3 Kr. fürs Joch ergibt sich daß man Ursprünglich den Ansiedlern 36 Joch geben wollte; als es aber zum definitiven Vertragsabschluß kam wurde diese Fläche um ein Sechstel reduziert.

Aber auch noch eine andere Schwierigkeit in der Erklärung muß ich hervorheben, Kaindl berichtet, daß damals die Erzeugung eine n. ö Klafter Brennholzes 12 Kr. kostete, daß demnach die Ansiedler verpflichtet waren, statt der 10 fl..60 Klafter für den Grundzins zu schlagen, wenn die Herrschaft Brennholz werde absetzen können. Hier liegt ein Irrtum Kaindls vor, da nach obiger Angabe nur das Schlagen von 50 Klaftern schon 10 fl. kostet. Nach dem bei mir erliegenden Dokumente aber müßte man annehmen, daß man 24 Kr. für das Schlagen einer Klafter erhielt.

Da alle ein regelrechter Vertrag mit den Ansiedlern nicht abgeschlossen werden konnte, weil dies erst nach Herablangung der kaiserlichen Genehmigung möglich war, so wurde das früher mitgeteilte Protokoll abschlossen. Auf das Drängen der Deutschböhmen bekam der Mandatar Uhlig in Gurahumorului von seiner vorgesetzen Behörde den Auftrag, die für Boureni bestimmten Ansiedler zunächst wenigstens in Erdhütten unterzubringen (21. September 1835) und ihnen Unterstützungen aus den Gemeindespeicher zu gewähren; denn die Not dieser armen Leute, die seit Mai unterwegs waren, war groß. Es wurden ihnen zunächst 122 Joch zur Erbauung vordürftigen Hütten und zum Anbau von Lebensmitteln zugewiesen. Inzwischsen sprangen die Ilisester hilfreich bei und brachten ihnen Essen. Dieser Winter war für die Ansiedler in jeder Weise hart und schwer. Und nur eine so genügsame und arbeitsharte Generation, wie die Deutschböhmen damals waren, konnt ihn überstehen.

Aber die Ansiedler von Boureni sollten nicht so bald zur ruhigen Entwicklung kommen. Die Gefällenverwaltung erließ neue Verordnungen bezüglich der Kolonisation, wieder fanden Verhandlungen statt..Notgedrungen erklärten sich die Ansiedler mit allen Aenderungen einverstanden (4. März 1836). Daraufhin wurde endlich die Kolonie mit dem Erlasse vom 5. April 1836 genehmigt, aber auch nur provisorisch.

Wer waren diese ersten Ansiedler? Kaindl gibt an, daß nach einer Notiz Wickenhausers, des Nestors der Bukowiner Geschichtsschreibung, folgende 28 Ansiedlungswerber für Boureni bestimmt waren: Binder Josef, Brandl Georg, Brandl Josef, Gerhard Jakob, Günther Josef, Haas Johann, Hartinger Sebastian, Hellinger Georg, Hillgarth Wenzel; Hoffmann Josef, Joachimsthaler Johann, Klostermann Josef, Lang Johann, Maidl Christof, Pilsner Josef, Reichardt Christofor, Rippel Franz, Schaffhauser (Voname fehlt im Verzeichnis), Schätz Anton, Schätz Johann, Schätz Josef, Seidl Veit, Stauber Johann, Tischler Anton, Wellisch Sebastian und Zoglauer Lorenz. Dann kamen noch zwei dazu: Kisslinger Michael und Koller Jakob.

Wir werden weiter sehen, daß nicht alle oben genannen Einwanderer nach Boureni zogen.

Im Laufe des Sommers 1836 erbauten sich die Ansiedler kleine Häuschen und zwar nur auf den 28 Joch Hutweide, die man ihnen zugewiesen hatte.  Erst im Oktober d. J. bekam der Förster Niederthal den Auftrag, jene 93 Joch Waldabschnitt, die bis dahin von der Gemeinde Manasterea Humorului gepachet war, gleichmäßig an die zu verteilen. Nun nahmen sie sich zum Roden und arbeiteten den ganzen Winter hindurch sehr flleißig. Doch konnten sie auch damals nicht ohne Hilfe der Deutschen in den umliegenden Dörfern leben. Alles zusammen besaß jeder nur 4 Joch. Ihrem Ansuchen um Zuweisung der ganzen vertragsmäßig zugesagten Gründe wurde nicht entsprochen. Erst im Jahre 1841 wurden ihnen je zwei weitere Joch bewilligt. Und um gleich der weiteren Entwicklung vorzugreifen: sie haben auch in den folgenden Jahren die volle Dotation nicht erhalten, wenn sie auch bis zum Jahre 1861 den größen Teil erhielten.

Wie trauriig die Lage der Bewohner von Boureni war, mit welchen Schwierigkeiten sie kämpfen mußten, schildert u. a. ein Gesuch, das mir im Originale vorliegt. Es ist an einen Erzherzog gerichtet. Da er “zweiter Landesvater” genannt wird, so vermute ich, daß es an den Erzherzog Franz Karl gerichtet war. Es hat folgenden Wortlaut:

Wie trauriig die Lage der Bewohner von Boureni war, mit welchen Schwierigkeiten sie kämpfen mußten, schildert u. a. ein Gesuch, das mir im Originale vorliegt. Es ist an einen Erzherzog gerichtet. Da er “zweiter Landesvater” genannt wird, so vermute ich, daß es an den Erzherzog Franz Karl gerichtet war. Es hat folgenden Wortlaut:

“S=r. kaisl. königl. Hoheit
Allerdurchlauchtigster Erzherzog.

Die tiefgebäugten Gefertigten im Rahmen der untertänigsten 30 Ansiedlern bitten fußfälligst durch den mächtigen Glanz Sr. k. k. Hoheit Gnade und Hilfe in ihrer  verbanten Lage zu erlangen.

Bereits seit dem Jahre 836 befinden sich die Tiefgebäugten zwar hier angesiedelt, wo sie bloß häußchen und kleine Hausgärten besitzen, und wurden denselben zwar zum Feldbau ein Waldstück zur schweren Ausrottung noch nicht erlaubt.

Es wurden uns zwar 6 Freyjahre gnädigt verliehen, ehe wir aber diesen großen Wurzelwald ausrotten, so müssen wir 4 Jahre rotten, ehe wir den Nutzen daraus zu ziehen anfangen, daher uns diese 6 Freyjahre zu wenig Zeit zur Erhohlung langen werden. Wir hatten schon 3 mahl mit Solker Cameral Verwaltung den Contract allemahl einen anderen geschlosssen, und dennoch warten wir vergebens mit unseren zahlreichen darbenden Familien, die wir unseren Lebensunterhalt nur durch Taglohn schwer suchen müssen, und so auch unser weniges schon zugesetzt haben.

Geruhen S-e k. k. Hoheit als Zwäyter Landesvater unsere kniefallende Bitte in hohen Gnaden aufzunehmen, und uns armen Schmachtenden mit der huldreichsten Hülfe zu beglücken, damit doch einmal nur durch S=r k. k. Hoheit höchst kraftvoller Genehmigung zu unserem besseren Lebensunterhalt gelangen können, die wir Tiefgebäugte S-r k. k. Hoheit widerhohlt Kniefallend bitten, und um Gnade flehen, damit wir doch einmale dem Staate nützliche steuerbahre Landleute werden können, da wir bis nun zu nicht wissen, woran wir sich arme Schmachtende halten sollen.

Bory Ansiedlung bey Gurahumora am 10. September 1839,

Josef Schafhauser (mp) Richter
Wenzel Hoffmann mp)
Petter Hoffmann (mp)
Anton Schaffhauser (mp) (?)
Im Namen der ganzen Gemeinde.”

 

 

Aber der österreichische Amtsschimmel arbeitete langsam. Erst am 26. März 1841 erhielt die Gemeinde nachstehende Antwort:

“Der Ansiedlungsgemeinde Bori über inliegendes Gesuch zum Bescheid, daß die Verhandlung wegen förmlicher Ansiedlung derselben höchsten Ortes vorgelegt wurde, und noch nicht herablangte, die allerhöhste Entscheidung daher abzuwarten wäre, daß endlich 6 Freijahre erst vom Tage der Uebergabe sämtlicher denen Ansiedlern zugesicherten Grundstücke an, ihren Anfang nehmen, von einer Vermehrung der Freijahre sohin keine Rede seine kann.”

Wie schlimm es den Kolonisten von Boureni ging und wie schwer sie im die Existenz rangen, geht auch aus ihrer Erklärung hervor, die bis 1841 abgaben: sie können nicht weiter auf Grund und Boden bleiben sondern müßten ins flache Land wandern um etwas zu verdienen. Hätten sie eine gewisse Summe beisammen, so wollten sie heimkehren. Sah jetzt endlich die Verwaltung den furchbaren Ernst der Lange ein? Sie genehmigte die Errichtung einer Pottaschütte in der Varvata, d. i, in einem Tale, das Boureni gegenüberliegt (1842). Nun begannen die Rodungsarbeiten mit doppeltem Eifer und endlich, vom Jahre 1843 angefangenen, waren die Kolonisten imstande, sich, wenn auch mehr als bescheiden, selbst zu erhalten, d. h. nicht mehr auf die Wohltätigkeit Anderer angewiesen zu sein.

Man zeigte mir in Boureni ein recht stattliches Haus, mit drei Fenstern zur Front, und sagte mir, daß der Typ der ältesten Kolonistenhäuser sei. Weit gefehlt! Solche Häuser konnten sich die Ansiedler erst bauen, nachdem sie durch eifernen Fleiß und unglaubliche Sparsamkeit zu einem gewissen Wohlsand gelangt waren. Wie die ersten Häuser oder Wirtschaften beschafen waren, bezeugt uns ein Kaufvertrag, den der Ansiedler, Josef Binder, der bei der Zuteilung den Platz No. 71 erhalten hatte, mit Johann Lang im Jahre 1840 abgeschlossen hat. Ich habe das ganze Schriftstück im deutschen Kalender (1935) veröffentliicht, hier führte ich nur an, was uns in diesem Zusammenhange interessiert. Dem Vertrage zufolge bestand die Haus- und Grundwirtschaft “in einem vom Rundholze, auf eine Steinunterlage landartig aufgeführten Wohnungsgebäude, von einem Zimmer und ein Vorhaus, einem unter einem Dache, auf zwei Hornviehstücke eingerichteten Stall, und einer im Hofraume besonders befindlichen kleinen Schoppen.”

Das ist mehr als bescheiden. Denn es folgt daraus, daß die ganze Familie in einem Zimmer gelebt und geschlafen hat und daß wahrscheinlich dort auch gekocht wurde, obwohl — namentlich im Sommer — auch im Vorhause auf einem Herde gekocht werden kann.

Fragen wir uns weiter: welchen Wert hatte eine solche Kolonistenwirtschaft? Auch darüber gibt uns das oberwähnte Dokument Aufschluß.  Denn Johann Lang hatte zu zahlen:

  • “Für die Erbauung des Wohnhauses samt den Wirtschaftsgebäuden 30 fl.
  • Die Reinigung des Gartengrundes und der hinter der Ansiedlung zugewiesenen Parzelle 15 fl.
  • Die Rottung der als Feldgründe provisorisch zugewiesenen Waldabschnitte in den Rieden Rippa, Rosch, und Dialu Woronitz 20 fl.
  • Und den bisher geleisteten Weg- und Brückenbau, dann Reparaturbeiträgen 15 fl.
  • Ueberhaupt von 80 Sage: achtzig Gulden C. M.”

Den Wert, den damale 80 fl.repräsentierten, können wir leicht errechnen, wenn wir bedenken, daß ein Arbeiter 5 Kreuzer für den Tag erheilt. Das Anwesen des Josef Binder hatte also einen Wert von 960 Arbeitstagen.

Wenn vorhin bemerkt worden ist, daß vom Jahre 1843 angefangen die Bewohner von Boureni ihren Lebensunterhalt selbstständig und auf ihrem Grund und Boden erwerben konnten, ja ist damit noch nicht gesagt, daß sie nicht auch welterhin oft mir den schwersten Sorgen zu kämpten hatten. Im Jahre 1847 erhielten sie den Auftrag gemeinsam mit Pojana-Micului und Plesa die Grenzmiliärstation 46 (man nannte sie Czabarque) zu “erbauen, künftighin zu erhalten und den Struzen (Diener) beizugeben.” Die Baumaterialien wurden von der Herrschaft zugesagt, die Ansiedlungsgemeinden aber haben “sämtliche Materialien beyzustellen und eben so unentgeldlich die Erbauung zu bewirken und die künftigen Reparaturen zu besorgen.” Auch das Bettstroh mußte geliefert werden.

Dieser von Uhlig am 19. März 1847 weitergegebene Erlaß schloß mit den Worten: “Zur Leitung des Neubaues, wie auch zu künfigen Ueberwachung der Ordnung rücksichtlich der Erhaltung dieser Czardaque, der Beystellung des Struzen und so weiter wird für immer der jeweilige Ortsrichter der Ansiedlungsgemeinde Bory Amtswegen bestimmt .”

Bedeutete die Erhaltung dieser militärischen Grenzwache schon an und für sich eine schwere Belastung d. ohnehin so überaus knappen Einkommens der Ansiedler, so kam noch eine Hungersnote hinzu, die bei dem Mangel an Transportmöglichkeiten von Lebensmitteln aus anderen Gegenden geradezu katastrofal war, noch schlimmer als die vom Jahre 1866. Erschütternd wirken die Klagen der armen, gequälten Kolonisten. Ich habe zwei Majestätegesuche im Deutschen Kalender veröffentlicht, inzwischen habe ich auch ein drittes gefunden, das die gleichen Gründe wie jene späteren anführt. Und neben der Hungersnot schritt ihre furchbare Begleierin: Die Cholera. Die durch Gurahumorului durchziehenden Truppen mußten in diesem Orte eine Spitalsbaracke errichten. Von dort aus dürfte sich die Krankheit auf die Zivilbevölkerung übertragen haben. Und auch in Boureni forderte sie viele Opfer. Am schlimmsten wütete sie im Hause des Kolonisten Christofor Reichhardt. Am 1. September 1848 starb er selbst im Alter von 60 Jahren, am 2. seine 7 jährige Tochter Theresie, am 4. seine erst am 38. Lebensjahre stehende Frau Magdalena und wenige Stunden später der 5 Jahre alte Sohn Petrus. Welch erschütternde Daten!

Das Jahr 1848 brachte aber auch manches Gute, die Revolution hatte den Bauern frei gemacht. Das verstanden aber die Kolonisten von Boureni so, daß sie von nun an überhaupt nichts mehr für die Gutsherrschaft zu leisten hätten, auch nicht die im Abschnitte 5 ihres Vertrages enthaltenen 6 Arbeitstage, während die jedoch weiter Holz aus den herrschaftlichen Waldungen erhielten. Da schritt das Wirtschaftsamt von Solca in einem Erlasse vom 30. September 1848 energisch ein und verlangte, daß alle Verpflichtungen nachgetragen werden müßten, widrigenfalls das Amt in Gurahumorului die gesetzlichen Bestimmungen in Anwendung abringen werde.

Erst nach dem Jahre 1848 kann man von einem gleichmäßigen und ständigen Aufsteigen Bourenis sprechen. Nun erbauten sich die Kolonisten gute, geräumige Häuser, der Viehstand wurde vergrößert, besserer Grund außerhalb von Gurahumorului gegen Paltinoasa gekauft. Der Fleiß der Kolonisten war sprichwörtlich; in der Zeit der Ernte, so erzählte man sich, schlafe er nur so lange, als die Hosen, die er auf die Stange neben dem Ofen hänge, baumle; dann stehe er wieder auf – zur Arbeit. Die Frauen arbeiteten mit den Männern im Felde, besorgten und beschäftigten sich mit der Milchwirtschaft. Alles, was irgendwie abgespart werden konnste in das nahe gelegene Gurahumorului zum Verkaufe gebracht. Man kaufte Milch, Käse, Butter und “Schmetten” (Rahm) am liebsten bei den  “Borerinnen”, weil man wußte, daß sie gute und reine Ware bringen. So wie das Wort des Mannes bei der Arbeit als heilig galt, so fiel selbst der kritischten Hausfrau in der Stadt nicht ein, an der Güte der Ware zu zweifeln, die aus Boureni kam.

Tiefe Religiosität war ein Kennzeichen jener Kolonisten. Fast jeder errichtete neben dem Hause eine kleine Kapelle; auch wenn sie zumeist nicht viel mehr als einen Quadratmeter Platz bedeckte, so war sie für ihn doch das Wahrzeichen seines Glaubens, das er mit Porzellanfiguren schmückte, die die Muttergottes mit dem Jesuknaben oder Jesum oder den hl. Nepomuk (zur Erinnerung an die Heimat!) darstellten. Mehrmals im Jahre, an allen Gedenktagen, wurde der Tisch mit Blumen geschmückt, wurden Kerzen angezündet. An keiner Kirche, an keiner Kapelle, an keimen Kreuze gingen sie vorbei ohne das Zeichen des Kreuzes fromm zu schlagen. Wer an Sonn- und Feiertages nur irgendwie von der Wirtschaft abkommen konnte, zog sich den guten Rock an und wanderte in die Kirche. Viele gingen bis zum ersten Stein, der den Anfang von Gurahumorului anzeigt, barfuß; dort zogen sie die mitgebrachten Schuhe an und gingen in die Kirche. Und am Rückwege zogen sie sie an derselben Stelle wieder aus, um das Schuhwerk zu schonen.

Und noch ein Umstand zeichnete jene Generation aus: ihre Achtung vor dem Wissen. Wie sie im Gegensatz z. B. zu den slowakischen Einwanderern fast alle lesen und schreiben konnten, so wollten sie, daß auch ihre Kinder das erlernen. Wahrscheinlich war mit ihnen ein Privatlehrer namens Jakob Steckbauer mitgezogen; denn wir finden ihn schon in den ersten Jahren seinen Beruf ausübend; am 12. Februar 1844 vermählte er sich mir der Kolonistentocheter Rosina Joachimsthaler. Wiederholt baten die Ansiedler um Zuweisung eines Grundes für das Schulhaus. Endlich wurden ihnen 6 Joch bewilligt. Da zog ein Lehrer in Boureni ein, namens Ignatz Fritz, der u. a. die Kolonisten den Anbau der Tabakpflanze lehrte. Denn als er am 1. Juni 1862 die Josefa Katharina Eberle heiratete, fühlte sich der Pfarrer verpflichtet, in die Akten einzutragen: invigitator herbae nocotinae.

Und jetzt wollen wir noch wissen, wer die Männer waren, die Bourei gegründet haben. Das früher erwähnte Verzeichnis Wickenhausers stimmt mit den Tatsachen nicht überein. Wir müssen feststelen, wer jene 30 Ansiedler waren, die tatsächlich Häuser erbaut und für die Entwicklung der Kolonie bestimmend waren. Ich gebe hier das Verzeichnis, wie ich es aus dem Berichte eines alten Kolonisten (Mathias Lang), hauptsächlich aber durch genaues Studium alter Pfarramtsakten, deren Benützung Herr Pfarrer Mück mir in liebenswürdiger Weise ermöglichte, festlegen konnte. Bei den meisten konnte ich auch den Namen der Frau und ihnen Mädchennamen ermitteln. Kolonisten wie den Josef Binder und einen gewissen Weber (Vorname unbekannt), die nur ganz kurz in Boureni gelebt und es sehr bald verlassen haben, führe ich in dem folgenden Verzeichnisse nicht an. Die Zahl bedeutet die Nummer des Hauses, in dem sie angesiedelt waren.

  1. Josef Hoffmann mit Barbara Mirwald
  2. Josef Schaffhauser mit Katharina Hartinger
  3. Franz Rippel mit Eva Wellisch
  4. Johann Stauber mit Katharina Koller
  5. Wenzel Hillgarth mit Katharina Löffelmann
  6. Veit Seidl mit Franziska Hawlik
  7. Xaver Kraus mit Barbara Wellisch
  8. Josef Günthner mit Katharina Wiesenbauer
  9. Josef Hollaczek mit Anna Joachim
  10. Johann Lang mit Katharina Weigel
  11. Josef Brandl mit Maria Therese  Denk
  12. Johann Joachimsthaler mit Theresia Zimmermann
  13. Michael Lang mit Franziska Häusler
  14. Johann Schafaczek mit Anna Joachim
  15. Jakob Gerhard mit Katharina Brandl
  16. Johann Haas mit Katharina Straub
  17. Johann Lang mit Katharina Schaffhauser
  18. Christofor Meidl mit Therese Seiler
  19. Franz Klostermann mit Julianna Haas
  20. Franz Brandl mit Rosina Weber
  21. Georg Brandl mit Katharina Wellisch
  22. Peter Hoffmann mit Anna Szeszavny
  23. Georg Hillgarth mit Anna Szeszavny nach dem Tode Peter Hoffmann
  24. Sebastian Wellisch mit Barbara Rippel
  25. Wenzel Pilsner mit Margaretha Rab; später nach deren Tode: Theresia Brandl
  26. Georg Hellinger mit Annamaria Denk
  27. Lorenz Haas mit Barbara Hartinger
  28. Anton Sschaffhauser mit Anna Brandl
  29. Christofor Reichhardt mit Barbara Joachimsthaler; nach deren Tod: Madgalena Kohlruß
  30. Jakob Koller mit Barbara Treppel (?) [!]

Das sind die Männer und Frauen, welche unter den beiden Ortsrichtern Josef Schaffhauser und später Wenzel Hillgarth die Kolonie Boureni zum Aufblühen brachen. Und wenn in diesen Tagen ihre Nachkommen die Hundertjahrfeier der Gründung festlich begehen wollen, so ist es nur selbstverständlich, daß sie die Feier mit einem Gedenken an jene Männer einleiten, die durch ihre Religiosität und Achtung vor Wissen durch eiferen Fleiß und seltene Sparsamkeit den Grund für den Wohlstand der späteren Generation gelegt haben.

Dem ehrenden Andenken an jene Pioniere deutscher Tüchtigkeit widme ich diese Schrift.


[1] Die Zahl ist vollständig unleserlich; die Stelle wurde von mir ergänst.

<[2]Damals war der Gulden (Florin= fl) die Conventionsmünze (C.M.). Er hatte nur sechzig  Kreuzer, was sich noch jahrzehntelang später, als er schon hundert Kr. wert war, in der Bezeichung für 10 Kr. “Ein Sechserl” erhalten hat.

[3]Eine Wiener oder niederösterreichische Klafter = 189.65 cm.